Der heilige Augustinus von Hippo (354 - 430) ist der größte der westlichen Kirchenväter. Ausgebildet als Redner, konvertierte er zum Christentum, nachdem er vom Manichäismus und Neuplatonismus stark beeinflusst worden war. Er war über dreißig Jahre lang Bischof von Hippo, bis er während der Belagerung von Hippo durch die Vandalen starb. Seine Ansichten über Prädestination und Erwählung prägten die protestantische Reformation. Sein Einfluss ist bis heute in jedem Aspekt der Theologie zu spüren. In ”Vom Gottesstaat” behauptet Augustinus, dass die Zeit und die Welt erschaffen wurden und einen Anfang hatten - sie haben nicht ewig existiert. Die Tage der Schöpfung waren keine Tage, wie wir sie heute kennen, aber von welcher Art sie waren, können wir nicht sagen. Die Erde selbst wurde zunächst in einem formlosen, chaotischen Zustand erschaffen. Das Böse hat keine eigene Existenz, sondern ist der Verlust des positiven Guten. Was das Alter der Erde betrifft, so behauptet Augustinus, dass nach den Berechnungen der Heiligen Schrift (der Septuaginta-Übersetzung) seit der Schöpfung bis zu seiner Zeit nicht mehr als 6000 Jahre vergangen sein können. Das gesamte Menschengeschlecht, einschließlich der ersten Frau, stammt von einem Mann, Adam, ab. Augustinus widerlegt eine Reihe von Origenes' Ansichten, wobei er ihn manchmal ausdrücklich mit Namen zitiert. Augustinus' “The Literal Meaning of Genesis” (Die wörtliche Bedeutung der Genesis) ist, anders als der Titel vermuten lässt, recht spekulativ. Darin erwägt er viele mögliche Interpretationen von dem Text. Die Interpretationen müssen mit den wesentlichen Lehraussagen des christlichen Glaubens übereinstimmen. Augustinus lässt also einen beträchtlichen Spielraum bei der Auslegung zu. Dennoch mahnt er die Christen, Auslegungen der Schrift zu vermeiden, die im Lichte der wahren wissenschaftlichen Erkenntnisse lächerlich sind. Solche Auslegungen bringen die Heilige Schrift in den Augen der Ungläubigen nur in Misskredit und behindern so ihr Heil. Kompromisslose Standpunkte in Auslegungsfragen sollten so weit wie möglich vermieden werden. Nach Augustinus muss man sich immer vor Augen halten, dass der Hauptzweck der Heiligen Schrift darin besteht, die Seele zu nähren und sie zum Heil zu führen.